Liebe Confiserie Sprüngli

Wie machen Sie das? Wie rekrutieren Sie diese grossartige Stressresistenz? Wie messen Sie die? Verraten Sie mir das bitte bitte bitte!

Falls der gewiefte Leser nicht weiss, wovon ich spreche, soll doch bitte mal um die Mittagszeit eine Sprünglifiliale aufsuchen, z.B. am Paradeplatz in Zürich, oder an der Bahnhofstrasse, und sich ein Sandwich kaufen. Sie werden schnell merken: Sie sind nicht allein. Und: Die netten Damen, die Ihnen die Sandwiches verkaufen, sind nicht aus der Ruhe zu bringen!

Kein Vordrängeln der Kunden wird auch nur mit der leisesten Gestik oder Mimik kommentiert. Freundlich, lächelnd, nett. Während des grössten Futterstellenkampfes des Tages.

Deshalb, liebe Confiserie Sprüngli, teilen Sie doch bitte der Welt mit, wie Sie an solches goldenes Personal kommen. Wie machen Sie das? Verraten Sie uns doch bitte Ihr Geheimnis!

Wir danken Ihnen in der Zwischenzeit für Ihre Luxemburgerli, Sandwiches, die weltbeste Milchschokolade mit Haselnüssen, ganz zu schweigen vom himmlisch leichten Apéro-Blätterteiggebäck…

Bleiben Sie cool!

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«Was würden Sie als Ihre grösste Schwäche und Stärke bezeichnen?»

Aus Vorstellungsgesprächen mit bestem Willen nicht wegzukriegen, ist die Frage nach den Schwächen oder Stärken des potenziellen Mitarbeiters. Eigentlich schade, dass man wertvolle Vorstellungsgesprächszeit mit dummen Fragen verschwendet. Aber zuerst ein bisschen Info für Stellenbewerber.

Wenn Sie sich gerade für eine Stelle beworben haben und eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten haben, können Sie mit grosser Sicherheit damit rechnen, während des für Sie hoffentlich angenehmen Gesprächs unter anderem nach Ihren Stärken und Schwächen gefragt zu werden. Meistens passiert dies nach dem biografischen Teil des Interviews, wenn es darum geht, die sogenannten Soft Skills des Stellenbewerbers herauszufinden. Sie müssen also etwas Persönliches sagen. Etwas preisgeben von sich.

Was das Unternehmen mit der Frage eigentlich wissen will

Eigentlich geht es neben reiner Neugier darum, ob irgendeine jetzt noch unbekannte Eigenschaft des Stellenbewerbers ein potenzielles Risiko für das Unternehmen darstellt. Mit der Frage nach der Schwäche versucht das Unternehmen also herauszufinden, ob der Stellenbewerber dem Unternehmen schaden könnte. Das heisst, wenn Sie zu aggressiven Wutausbrüchen neigen, bei denen Sie die Büroeinrichtung zu Kleinholz verarbeiten (tun wir ja schliesslich alle, oder?), dann will das Unternehmen das gerne vor einer Anstellung wissen.

Jeder Stärken-und-Schwächen-Frager wird jetzt vehement den Kopf schütteln und „Nein“ rufen und korrigieren, dass die Frage darauf abzielt, die „Selbstreflektion“ des Stellenbewerbers „herauszuspüren“. Na, dann spüren Sie mal!

Selbstreflektion ist ein Zauberwort der Sozialwissenschaften des 20. und noch vielmehr des 21. Jahrhunderts. Wir sollen über unser Verhalten reflektieren und über unsere Persönlichkeit, unser Sozialkompetenz und unsere Nasenhaare und über jeden Gedanken, den wir fassen. Wir sollen über alles Bescheid wissen, was uns angeht und herausfinden tun wir das mittels Selbstreflektion. In jedem Ausbildungscurriculum finden sich Module mit oder zur Selbstreflektion. Wir leben mit Selbstreflektion. Selbstreflektion ist in und wer über sich selber gut reflektieren kann, zeigt Selbstkompetenz.

Und nun zur Information für Unternehmen, die Stärken-Schwächen-Frager beschäftigen: Nun, gegen Selbstreflektion ist ja primär nichts einzuwenden. In einem Vorstellungsgespräch suchen wir jedoch mit der Frage nach Stärken oder Schwächen am falschen Ort nach der Selbstreflektion. Zumal die Primärantworten in der Regel zu 90% „Ich bin manchmal etwas ungeduldig“ oder „Ich bin manchmal etwas zu direkt“ lauten. Damit haben Sie weder eine verwertbare Zusatzinformation gewonnen noch haben Sie eine Möglichkeit, irgendeine Selbstreflektionsfähigkeit zu messen, noch irgendwelche Hinweise über den Stellenbewerber gesammelt, die nicht auch 90% aller anderen Menschen gegeben hätten. Von der Vergleichbarkeit Ihrer Resultate ganz zu schweigen. Und von dem schlechten Stil und konservativen HR, das mit so einer Frage gezeigt wird, wollen wir gar nicht anfangen.

Meistens wissen Stärken-Schwächen-Frager nämlich gar nicht, was Sie mit dieser Frage messen wollen und ob es wirklich die Selbstreflektion ist. Die Todsünde des Informationssammelns ist ja, nicht zu wissen, was mit der gesammelten Information geschehen soll. Die Stärken-Schwächen-Frage wird gestellt und dann wird genickt, und damit das ganze noch etwas kompetenzbasiert daher kommt, wird nach einem illustrierenden Beispiel gefragt, welches wiederum benickt und notiert wird. Aber niemals ausgewertet.

Nehmen wir an, unser Stellenbewerber antwortet „Ich neige zu Aggression. Sie bricht nie aus, keine Sorge, ich habe mich mit Yoga total in der Balance. Aber wenn der Stress zu gross wird, dann wird es schwierig.“ An und für sich eine sehr selbstreflektierte Antwort, bloss hat der Stellenbewerber gerade ein totales Abschusskriterium geliefert. Der wird nicht mehr eingeladen.

Besser machen kann man es immer

Wieso nicht eine Frage nach einem Misserfolgserlebnis stellen und am Ende in guter Manier fragen, ob man es heute anders machen würde, wenn man könnte und dann nicken, aufschreiben, evaluieren, bewerten? Attributionsstil und Selbstwirksamkeit, das sind Konstrukte, die Sie mittels Selbstreflektion herausfinden können. Womit sich dann plötzlich zeigt, dass Selbstreflektion ein Instrument ist, über das verfügt wird oder nicht. Also keine Eigenschaft, die gespürt werden kann.

Kehren wir also zum gewieften Stellensucher zurück. Sollten Sie in einem Vorstellungsgespräch nach Ihren Stärken oder Schwächen gefragt werden, antworten Sie doch bitte einfach „Mir fällt jetzt beim besten Willen nichts ein“ oder noch besser mit „Meine Berufsberaterin hat mir gesagt, dass das eine so dumme Frage ist, dass ich mir darauf keine Antwort überlegen soll“. Und haken Sie das Unternehmen getrost ab. Da sollten Sie nicht arbeiten wollen.

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