Führungsfehler: Abwesenheit oder Überanwesenheit

Es gibt aus der Sicht von Mitarbeitenden wohl keinen grösseren Fehler, den ein Chef machen kann, als abwesend zu sein. Und damit ist natürlich nicht gemeint, dass der Chef nicht so häufig auf Reisen gehen soll.

Gemeint ist die geschlossene Türe, die mit ‹privat› gekennzeichneten Termine in der teilweise einsehbaren Agenda, das regelmässige Verschwinden freitags um 16.00 Uhr mit dem Surfbrett auf dem Dachträger, oder auf der anderen Seite des Spektrums Mails um 2.00 Uhr morgens oder an Sonntagen, Memos aus den der Mitarbeiterschaft bekannten Karibikferien, Aufgabendelegation zur Unzeit. Wessen Mitarbeiter folgende Fragen stellen, hat bereits verloren: «Was macht er überhaupt den ganzen Tag?» und «Wo ist er denn die ganze Zeit?».

Es ist nun mal so eine Sache mit der Ansprüchen von Mitarbeitenden an ihre Vorgesetzten. Erwartet werden Management- oder Fachkompetenz, Engagement für die Mitarbeitenden und Transparenz. Wer um 4.00 Uhr morgens ein Memo an seine Mitarbeitenden verschickt, leidet entweder an Insomnia oder an der Überengagementkrankheit für den Betrieb. Gerade junge, motivierte Neuführungskräfte (meistens mit gestreifter Kravatte auf hellgelbem Grund anzutreffen) fallen häufig dieser Krankheit zum Opfer. Verstehen Sie mich nicht falsch: Aus der Sicht der Stake- und Shareholder sind solche Führungsleute top – aus der Sicht der Mitarbeiter wird ein falsches Signal versendet. Der Chef ist immer da für den Betrieb, das ist gut; aber er sollte eben immer für die Mitarbeitenden da sein. Hier eine Balance zu finden, ist tatsächlich schwierig.

Ins selbe Kapitel gehört der verschwundene Chef, der seine Termine in der Agenda als ‹privat› und dementsprechend nicht einsehbar kennzeichnet; der zwar stundenlang hinter verschlossener Tür ‹etwas tut›, aber besagtes Memo dann als Output besagter stundenlanger Tätigkeit nicht verschickt. Der aus Sitzungen mit den ‹Oberen› zurückkehrt und eine verschlossene Miene und einen verschlossenen Mund mitbringt. Der seine Mitarbeitenden nicht teilhaben lässt, sie nicht in den inneren Kreis reinlässt. Hier tangieren wir bereits ein nächstes wichtiges Kapitel der Führungsfehler, die wir in einem nächsten Post besprechen werden: die Kommunikation. Aber wir wollen hier nicht vorgreifen.

Wie man es besser macht…

Sind Sie neu designierter Führungsmensch, nehmen Sie sich folgende gut gemeinte Ratschläge zu Herzen:

  1. Berufen Sie sofort Sitzungen, Teamsitzungen, gemeinsame Mittagessen, Kaffeepausen mit Ihren Mitarbeitenden ein und halten Sie sich an den gesetzten Rhythmus (Wir wollen das weitere Todesurteil «Am Anfang hat er/sie immer…» vermeiden). Es gibt keine besseren ‹Gefässe› (ein Unwort, das weit oben auf der Unwortliste figuriert) als informelle Kaffeepausen oder Mittagessen, um Präsenz zu zeigen. Vermeiden Sie allerdings kumpelhaftes Gebaren, Sie sind ja schliesslich der Chef.
  2. Öffnen Sie Ihre Agenda – ausser Arztterminen gibt es keine, die Sie nicht Ihren Mitarbeitenden zeigen können. Auch die Meetings mit dem Ausschuss oder wichtigen Kunden. Kindergeburtstag, Baby- oder Hundesitten, Töpferkurs: alles in Ordnung. Sollten Sie einen Führungskurs besuchen, nennen Sie ihn Töpfern oder Aquarellmalen. Selbst wenn dies hinterfragt wird, ist das Thema so langweilig, dass Sie nur 2 Sätze dazu sagen müssen und dann niemand mehr zuhört. Geheimniskrämerei ist Gift für zwischenmenschliche Beziehungen.
  3. Wenn Sie von Meetings mit Ausschuss oder wichtigen Kunden zurückkehren, kommunizieren Sie! ‹Jetzt brauche ich einen Kaffee› oder ‹Mann, war das Scheisse› sind gute Einstiege und zeigen Ihren Mitarbeitern, dass Sie keine Geheimnisse vor ihnen haben und dass Sie darüber sprechen würden.
  4. Schreiben Sie keine Mails nach 21.00 Uhr, es sei denn, Sie befinden sich in einer anderen Zeitzone als Ihre Mitarbeitenden. Schreiben Sie auch keine Mails vor 7.00 Uhr, es sei denn, Sie befinden sich in einer anderen Zeitzone.
  5. Schreiben Sie keine Mails an Ihre Mitarbeitenden aus Ihren Ferien oder an Mitarbeitende in den Ferien, Weekends o.ä. Es gilt als sehr unprofessionell, Geschäft und Privates nicht gehörig zu trennen. Egal auf welcher Stufe.

Mit diesen 5 gut gemeinten Ratschlägen sind Sie bereits gut gerüstet. Vergessen Sie nicht, dass Sie sich als Chef nicht nur in den Dienst Ihres Betriebes gestellt haben, sondern eben auch in den Dienst Ihrer Mitarbeitenden. Vergessen Sie das nie!

Bleiben Sie cool und happy Friday!

Ihr Careersblog

 

 

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